Demokratie bedeutet nicht Herrschaft der Mehrheit
Dieser Text ist eine leichte Adaption eines Twitter-Threads, den ich hier zu Archivierungszwecken reproduziere.
Der Parteichef der AfD in Sachsen Jörg Urban schreibt auf Facebook am 31. 12. 2018 in einem Kommentar unter einem Post seines Parteikollegen Hans-Thomas Tillschneider folgendes zum Topos „Wiedereinführung der Todesstrafe“:
Springe bei. In einer echten Demokratie entscheidet die Mehrheit. Und wenn es eine demokratische Mehrheit für die Todesstrafe gibt, dann ist das so.
Das perfide an diesem Satz ist, dass ihn wahrscheinlich viele Leute auf den ersten Blick richtig finden. In einer „echten“ Demokratie entscheidet doch das Volk: „Wenn es eine demokratische Mehrheit für X gibt, dann ist das so“.
Aber dieser Satz ist falsch. Das Fundament des deutschen Staates ist nicht „die Mehrheit“, sondern unsere Verfassung. Viele Teile dieser Verfassung sind qua Definition nicht veränderbar, nicht einmal durch einen wie auch immer gearteten „Volkswillen“ (s. Art. 79 Abs. 3 GG).
Die Einführung der Todesstrafe würde klar dem Grundgesetz widersprechen: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Art. 2 Abs. 2 GG). Wer irgendeinen „Volkswillen“ über die verfassten Grundrechte stellen möchte, bewegt sich nicht auf dem Boden unserer Verfassung.
Man müsste Herrn Urban zugute halten, dass er möglicherweise nicht aus bösem Willen spricht, sondern aus Unwissenheit. So oder so ist es eine Schande für die Demokratie in unserem Land, dass solche Leute in unseren Parlamenten sitzen.