Die Pebble Time
Smartwatches faszinieren mich schon seit den ersten Gerüchten über eine mögliche „iWatch“. Wie beim iPad war mir nicht klar, wer so etwas braucht, aber cool fand ich es. Anfang dieses Jahres schlug ich zu und ersteigerte eine Pebble Time.
Über die Apple Watch schrieb ich nach ihrer Enthüllung, dass mir die Uhr zu teuer ist für ein Gerät, dass ich nicht brauche. Schneidet die Pebble Time bei diesem Test besser ab?
Hardware
Die Pebble Time sieht auf den ersten Blick aus wie ein Spielzeug. Das pixelige Display mit seinem breiten Rahmen erinnert an einen alten GameBoy. Das Design der Pebble arbeitet jedoch geschickt um diese Schwäche herum, sodass die Uhr nerdig, aber ausgewogen proportioniert wirkt.
Mein Exemplar trägt inzwischen einige Kratzer. Eine Uhr muss deutlich mehr einstecken als ein Handy, das die meiste Zeit sicher in einer Hosentasche verbringt. Mit der Uhr stoße ich öfters gegen Wände und Türklinken (!). Die Kratzer sind zwar sichtbar, die Pebble sieht aber auch mit ein paar Schrammen noch gut aus.
Das Display der Pebble Time zeigt ununterbrochen das Ziffernblatt an, ich muss dafür mein Handgelenk nicht heben, schütteln oder irgendeinen Knopf drücken. Damit ist die Pebble anderen Smart-Uhren voraus und einer „richtigen“ Uhr beinahe ebenbürtig.1 Der Bildschirm ist dafür etwas klein und bei Zimmerhelligkeit kontrastschwach. Eine Hintergrundbeleuchtung gibt es per Knopfdruck oder kräftigem Schütteln – eine anstrengende, unnatürliche Geste, die ich inzwischen aber fast perfekt beherrsche. Auf einfaches Handheben wie bei der Apple Watch reagiert die Pebble nicht.
Der Akku der Pebble hält nach meiner Erfahrung anständige fünf bis sechs Tage. Sobald die Ladung zur Neige geht, weist die Uhr mit einer Benachrichtigung darauf hin. Das ist eines der klugen Features der Pebble: Um den Akkustand braucht man sich keine Sorgen zu machen; die Uhr hält eine ganze Weile und wenn der Akku demnächst eine Ladung braucht, sagt die Uhr Bescheid.
Zu den Knöpfen: Die Pebble hat keinen Touchscreen und wird komplett über vier große Knöpfe bedient. Diese Knöpfe sind eine Katastrophe. Sie sind matschig und so schwer zu drücken, dass mir in den ersten Tagen die Fingerkuppen weh taten. Mit der Zeit fand ich eine Haltung, in der ich die Uhr schmerzfrei bedienen kann, aber angenehm wurde es nie. Einen Touchscreen vermisse ich trotzdem nicht. In Bewegung sind Knöpfe präziser als ein winziger Berührungsbildschirm.2
Software
Die Software der Pebble Time ist schlicht, aber mit Liebe zum Detail entwickelt. Besonders gefallen mir die überall eingebauten verspielten Animationen und freundlichen Grafiken. Die blockige, farbenfrohe ästhetik gleicht geschickt die Nachteile des pixeligen Displays aus.
Meine meistgenutzte Funktion ist der Schrittzähler. Die Pebble zählt erstaunlich genau und kann die aktuelle Schrittzahl auf dem Ziffernblatt angeben. Außerdem benachrichtigt die Uhr mit flapsig geschriebenen Mitteilungen über Fitness-Erfolge, verbrannte Kalorien und Schlaf-Analysen. (Nach meiner Erfahrung zeichnet die Pebble Schlafdaten nur mäßig genau auf.)
Das Timeline-Interface der Pebble ist eine gute Idee, die aber nicht voll ausgeschöpft wird. Zumeist werden nur meine Kalender anzeigt. Es ist mir ein Rätsel, warum in der Timeline nicht auch ablaufende Timer oder vergangene Benachrichtigungen angezeigt werden.
Die Pebble Time zeigt Benachrichtigungen von meinem gekoppelten iPhone an. Und zwar genau die gleichen, die auf dem iPhone-Sperrbildschirm angezeigt werden. Nicht mehr und nicht weniger. Ich musste alle Benachrichtigungen am iPhone manuell auf „Stumm“ stellen, damit Uhr und Handy nicht jedes mal gleichzeitig vibrieren. Und auch, wenn ich die Uhr eine Zeitlang nicht tragen möchte, muss ich sämtliche Benachrichtigungs-Einstellungen ändern. Außerdem schade ist, dass auf iPhone-Benachrichtigungen nicht von der Uhr aus reagiert werden kann – was mit Android funktionieren soll.
Die Bluetooth-Verbindung zwischen Uhr und Handy ist bisweilen wackelig. Nach meiner Erfahrung funktioniert die Verbindung, obwohl die App öfters der Meinung ist, nicht richtig mit der Uhr verbunden zu sein. Ich höre allerdings, dass es solche Schwierigkeiten sogar zwischen iPhone und Apple Watch gibt.
Es gibt auch eine ganze Menge Dritthersteller-Apps für die Pebble, von denen nur wenige brauchbar sind. Was überrascht, da die Entwicklertools ausgezeichnet sind. Und über CloudPebble lassen sich einfache Apps mit JavaScript komplett im Browser entwickeln und auf die Pebble übertragen. Innerhalb einer Stunde hatte ich einen Devotionalium-Prototyp auf meiner Pebble laufen.
Das Pebble-Team werkelt ständig an der Software. Die Uhr bekommt monatlich ein Software-Update mit Bugfixes und teils umfangreichen neuen Features. Hier und da fand ich die Software ruckelig oder buggy3, insgesamt jedoch solide.
Das Gesamtpaket
Die Pebble Time war für mich ein Experiment. Brauche ich sowas? Will ich sowas? Ich habe die Pebble die letzten sechs Monate beinahe jeden Tag getragen. Mittlerweile kommt es mir selbstverständlich vor, Benachrichtigungen auf dem Handgelenk zu sehen. Es tut mir gut, nicht ständig mein Telefon aus der Hosentasche zu holen nur um zu sehen, dass es nichts Neues gibt. Meine Schrittzahlen vor Augen zu haben, spornt mich an, mich mehr zu bewegen (oder macht mir wenigstens ein schlechtes Gewissen).
Klar, die Pebble ist ein weiteres Gerät, dass ich mit mir herumtrage. Aber eine Uhr würde ich so oder so tragen. Und die Pebble kann ich am Arm haben, ohne mir ständig Gedanken über Akkustand oder Synchronisation zu machen.
Es gibt einiges, was die Pebble besser machen könnte. Die regelmäßigen Software-Updates und die Time 2 zeigen jedoch, dass Pebble in die richtige Richtung unterwegs ist.
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Einzig der Sekundenzeiger fehlt bei den meisten Ziffernblättern – um den Akku zu schonen, der bei jedem Refresh des E-Ink-Displays strapaziert wird. ↩
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Das jüngste Update hat zum Beispiel ohne erkennbaren Grund alle Sprachen außer Englisch auf der Uhr deaktiviert. Ich hoffe, dass das spätestens nächsten Monat in Ordnung gebracht wird. ↩