Ablass in hundertvierzig Zeichen?
Nachdem am 9. Juli 2013 der Vatikan ein päpstliches Dekret herausgab, dass allen Gläubigen, die am 28. Weltjugendtag in Rio teilnehmen, einen päpstlicher Plenarablass zusprach, ging ein kollektives Stirnrunzeln durch protestantisch geprägte Medien.
Ablass per Twitter
Besonders kurios fanden dabei viele, dass auch all denen ein Ablass gewährt werden würde, die das katholische Großevent über Fernsehen und Internet verfolgen würden. „Das schließt Twitter ein,“ sagte ein Sprecher des Vatikan dem Guardian nach. Das bietet sich natürlich an, ist doch der Papst selbst bei Twitter angemeldet.
Weil das für manchen zu sehr nach billiger Gnade klang, wurde von kirchlicher Seite schnell entgegengesteuert: Bischof Claudia Celli warnte davor, dass man einen Ablass nicht wie einen Kaffee am Automaten holen könne. Erstens brauche man einen triftigen Grund, warum man nicht in Rio dabei sein kann. Zweitens soll das Verfolgen des Events mit Buße, Eucharistie und Gebet begleitet werden. „Die Tweets des Papstes sollen echte geistliche Früchte in unseren Herzen tragen“, zitiert Corrielle della Sera den Bischof.
So weit, so gut. Einen protestantischen Aufschrei rechtfertigt diese Sache aber meines Erachtens nicht. „Ablass“ ist zwar laut evangelisch.de immer noch „ein Reizwort“, die Ablasspraxis der modernen Kirche hat mit der spätmittelalterlichen Ausnutzung, die Martin Luther anprangerte, nicht mehr viel zu tun. Einem Ablass, der an ehrliche Buße gebunden ist, hätte Luther (vereinfacht gesagt) vielleicht sogar zugestimmt. Außerdem ist das nicht das erste Mal, dass es während des Weltjugendtages so etwas gibt: Schon 2000, als der Jugendtag mit dem Großen Jubeljahr zusammenfiel, gewährte der Papst den Teilnehmern einen Generalablass (Eine nette Tradition, die sich an Leviticus 25 orientiert).
Virtuelle spirituelle Gemeinschaft
Vielmehr sollten wir uns freuen! Nämlich darüber, dass sogar der Papst anerkennt, dass es so etwas wie eine „virtuelle Gemeinschaft“ auch im spirituellen Sinne wirklich gibt. Gerade für die junge Generation wird das Online-Leben zunehmend wichtiger, und immer mehr Projekte versuchen Spiritualität und das Internet zu verbinden, man denke nur an die Twitterbibelarbeit auf dem Kirchentag in Hamburg.
Zynismus, wie in diesem Spiegel Online-Beitrag, finde ich deshalb unangebracht. Ich habe Respekt, dass der Papst sich traut die sozialen Medien so zu würdigen (und damit nimmt er ja den Faden seines Vorgängers auf, der z.B. den @Pontifex Twitter-Account einrichten lies).