Lieblos und Altbacken
Die Kirche will sich digitaler, moderner geben. Das war der Grundtenor der EKD-Synode in Dresden. „Kirche hat sich immer der jeweils neuesten Medien in der Verkündigung und in der Kommunikation bedient.“, tönt die Kundgebung der Synodalen stolz. Ja, die Kirche gebraucht alle Medien. Sie scheitert dabei aber häufig an den Details. Die Folge: Kirche wirkt in den neuen Medien oft ungelenk und altbacken.
Oft scheitert es am technischen Know-How, aber bisweilen auch an Lieblosigkeit in der Umsetzung. Jüngstes Beispiel: Die Kirchen-App der EKD. Diese brandneue App der EKD soll dazu dienen, „per Umkreissuche Kirchen aufzufinden“. Für diesen Zweck funktioniert die App auch, das will ich nicht bestreiten. Aber vom Design her ist die von einer Bremer Agentur entwickelte App auf einem erbärmlichen Niveau. Die Lieblosigkeit der Entwickler zeigt sich auch auf der dazugehörigen Internetseite mit Jahr-2000-Charme.
Ich hab auch schon früher über die Qualität mancher kirchlicher Internetangebote gemeckert. Ich hab leider keinen Einblick in die Entscheidungsprozesse, die zu Dingen wie die „Kirchen-App“ führen. Aber ich vermute mal, dass da einfach die Agenturen oberflächlich ausgesucht werden. Als Kriterium scheint nicht primär die Qualität der Ergebnisse zu interessieren.1
Das Ergebnis: Kirchliche Internetseiten und Apps – kurzum, kirchliche Online-Öffentlichkeitsarbeit – machen oft einen lieblosen und unprofessionellen Eindruck. Dieser Eindruck überträgt sich unweigerlich auf die Kirche als Ganzes. Damit schadet sich die Kirche selbst; man wäre wohl besser daran, lieber gar nicht präsent zu sein also so.
Vielleicht ist es auch Zeit, geplante Angebote häufiger selbst umzusetzen. Die Kirche hat es eigentlich nicht nötig, auf halbherzige Agenturen und Texter zurückzugreifen. Junge Leute mit viel Talent stehen überall in den Kirchgemeinden in den Startlöchern. Sogar für Apps und Webseiten hat die Kirche extrem kompetente und (nicht nur) junge Menschen in ihren Reihen. Diese müssen oft nur die Gelegenheit bekommen, sich einzusetzen. Das kann, muss aber nicht ehrenamtlich geschehen.
Nicht zuletzt ist zu überlegen, ob die Kirche sich mehr hauseigene Designer und Programmierer anstellen sollte, die eben nicht aus irgendeiner Agentur angeheuert wurden, sondern ein Herz für die kirchliche Arbeit haben. Langfristig würde wohl zumindest die EKD durch die Anstellung von In-House-Gruppen sogar sparen. Internetangebote werden in Zukunft nur wichtiger werden.
Mein Lieblingsbeispiel für einen technisch fluenten Kirchenfreund ist Jonathan Arnold und seine schicke Andachts-App „Amen.“. Er arbeitet im Moment an einem Projekt für den freikirchlichen ICF München. Ich habe ihn mal gefragt, was er von den Online-Angeboten der EKD hält. Auch ihm ist aufgefallen, dass das Internet von der EKD „im Allgemeinen sehr stiefmütterlich“ behandelt würde. Da müsse zunächst einmal grundlegend ein „Umdenken“ geschehen.
Ihre Bereitschaft zu diesem Umdenken hat die EKD-Synode signalisiert. Sie schreibt in ihrer Kundgebung, sie will „die Mittel bereitstellen, die für eine entsprechende Ausbildung von Kompetenzen erforderlich sind.“ Ich möchte hoffen, dass das auch bedeutet, dass vorhandene Kompetenzen kanalisiert werden und nicht nur auf Quantität, sondern auf Qualität geachtet werden wird.
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Man könnte ja behaupten, dass Qualität gerade bei Webseiten gar nicht so wichtig sei. Viele Details, die einem Webdesigner eine Seite unerträglich erscheinen lassen, fielen einem Laien möglicherweise überhaupt nicht auf. Dem würde ich widersprechen. Selbst, wenn Probleme an einem Layout nicht bewusst auffallen, beeinträchtigen sie doch unbewusst die Nutzbarkeit (umso wichtiger, dass kompetente Kirchenleute mit einem Blick für Details die Qualität prüfen). ↩