Wer liest mit?
Es ist jetzt schon vier Monate her, dass die weitreichende Überwachung des Internets durch amerikanische Geheimdienste aufgedeckt wurde. Aber die ganze Geschichte ist noch lange nicht genug aufgearbeitet.
Die übliche Reaktion auf die Nachricht, dass online alle meine Schritte potentiell überwacht werden, lautet „Ich habe ja nix zu verbergen“. Dass diese Annahme falsch ist, wurde schon an anderer Stelle gründlich erklärt. Aber für uns (potentielle) Theologen tut sich noch ein weiteres Problem auf: Das Seelsorgegeheimnis.
Wie gehen wir damit um, dass wir nicht mehr garantieren können, ob unsere elektronische Kommunikation privat bleibt? Wie können wir ein seelsorgerliches Gespräch per Mail oder Telefon führen, wenn wir nicht wissen, wer alles mitliest oder -hört? Wer eine Beichte braucht, hat vielleicht wirklich etwas zu verbergen?
Der epd berichtete über die Reaktionen Würtembergischer Pfarrer auf die NSA-Affäre:
Es herrsche das Gefühl vor, „dass man sich nicht mehr darauf verlassen kann, dass Kommunikation unbelauscht bleibt“. Pfarrer hätten bereits „Bedenken geäußert, inwieweit sie sich darauf verlassen können, dass ihre seelsorgerlichen Telefonate noch vertraulich sind und auf ihrem PC alles mit rechten Dingen zugeht.“
Es gibt ein Datenschutzgesetz der EKD, dass für den kirchlichen Dienst festlegt, „dass IT-Sicherheit gewährleistet sein muss.“ Aber wer kann nach den Enthüllungen dieses Jahres noch dafür garantieren? Sollten wir im kirchlichen Dienst nur noch mit Notizbüchern herumlaufen und persönliche Dinge nur noch von Angesicht zu Angesicht besprechen?
Antworten auf diese Fragen bleiben uns die Verantwortlichen schuldig.