Googles „Project Loon“ und die Zukunft des freien Internets

Man kann ja von Google halten was man will, aber in bestimmten Bereichen sind sie wirklich innovativ und überraschen mit pfiffigen Ideen. Im Juni 2013 hat Google wieder einmal eine solches Idee bekannt gegeben: Project Loon.

Auf der Homepage des Projektes nennt Google es „ballonbetriebenes Internet für alle“. Kurz zusammengefasst geht es darum, aus mit Recievern ausgestatteten Wetterballons ein globales Netzwerk von Internet-Hotspots zu bilden. So könnte man relativ günstig Länder mit Internetanschlüssen versorgen, in denen die nötige Infrastruktur nicht vorhanden ist.

Google gehört das Internet

Google ist eine Internetfirma, und das Unternehmen hat in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass es nicht nur an Inhalten interessiert ist, sondern im Internet der Zukunft auch als Anbieter fungieren will.

Bereits 2012 ging Google Fiber durch die Medien. Mit seinem wahnsinnig schnellen Breitbandinternet stellte es die schwache Konkurenz in den Schatten – zumindest in den wenigen amerikanischen Städten, in denen Google Fiber angeboten wird.

Fiber ist deshalb räumlich so beschränkt, weil Google erst einmal überall Glasfaserkabeln verlegen bzw. mieten muss – eine zeitaufwändige und kostspielige Angelegenheit.1 Google hätte vielleicht das Geld dazu, überall eigene Kabel zu verlegen; dennoch arbeiten sie daran, das ganze Kabel-im-Boden-Problem komplett zu umgehen – mit Ballons.

Das Ergebnis ist das gleiche: Google gehört das Internet. Und genau da liegt der Hund begraben. Wenn Google Internet in die dritte Welt bringen will, dann nicht aus Wohltätigkeit, sondern in der Hoffnung, irgendwann dort die wirtschaftliche Vormachtstellung zu haben. Und nicht nur dort, sondern bald auch überall sonst in der Welt.

Was ist mit der Netzneutralität?

Günstiges Internet überall finden alle gut. Aber wem gehört dieses Internet dann? Und vor allem: Was ist mit der Netzneutralität? Bei Google Fiber sieht man schon in krasser Eindeutigkeit, wie Google seine vorhandenen Produkte (gMail, Drive, Google TV und sogar das Nexus 7) aggressiv mit seinem schnellen, günstigen Internet als Paket bündelt (wenn auch noch nicht mit Vorteilen in der Datenübertragung).

Die DSL-Kupferkabel auf deutschem Boden gehören in der Regel den Kommunen oder dem Staat oder sind von ihm subventioniert. Die Internetprovider mieten diese Kabel von uns, um uns durch sie mit Internet zu versorgen.2 Da diese Infrastrukur Gemeingut ist, lässt sich Netzneutralität überhaupt erst gesetzlich verordnen.

Ich vermute, dass Google versucht, diesen Mechanismus mit seiner eigenen Infrastruktur (Ballons) auszuhebeln. Und Google ist mit seinen zahlreichen global erfolgreichen Internetdienstleistungen eine deutlich gefährlichere Bedrohung für die Netzneutralität als die Telekom.

  1. Das ist auch der Grund, warum es im Internetproviderbereich kaum neue Player gibt. 

  2. Selbst die Deutsche Telekom war bis 1994 Eigentum des Bundes, und zwar in Form der Deutschen Bundespost