„Echte“ Kommunikation
Als die EKD-Synode sich im November in Dresden zusammenfand, um über die „Digitale Kommunikation des Evangeliums“ zu sprechen, war das einer der Knackpunkte: Wie verhält sich Kommunikation im Internet zum vielgelobten „Face-to-Face“-Austausch?
Viele sind skeptisch. Selbst in den Kommentarabteilungen auf evangelisch.de zum Kundgebungsentwurf der Synode bekommt man eine ganze Ladung unreflektierter Internetkritik um die Ohren gehauen. Da besteht das ganze Internet scheinbar aus Kommerz und bedeutungslosem Gechatte. Der ausführliche persönliche Austausch verkümmere durch Internetplattformen wie Facebook und WhatsApp.
Weshalb diese Einstellung fragwürdig ist, erklärt Matthias Jung trefflich auf seinem Blog:
Ich frage mich, ob hier nicht ein Missverständnis vorliegt, dass ich auch an anderer Stelle beobachte. Vor Jahren gab es in der heftigen Diskussion um den Rahmenbetriebsplan für das Bergwerk Duisburg-Walsum die Forderung der Bergbaugegner nach „Bewahrung der Schöpfung“ und Verzicht auf den Steinkohleabbau unter dem Rhein. Bewahrung der Schöpfung hieß hier: Bewahrung des Status Quo. Nicht bedacht wurde in dieser Argumentation, dass die heutige Landschaft am Rhein (wie überall in Deutschland, Europa, der Welt) eine von Menschen geschaffene Kulturlandschaft darstellt. Von einer „Urprünglichkeit“ (welcher Zustand, welcher Zeitpunkt in der Erdgeschichte auch immer gemeint sein mag) kann keine Rede sein.
Kommunikation läuft schon seit Beginn der Menschheit über verschiedene „Medien“ vermittelt ab.1 Der Buchdruck und die Telefonie sind dabei relativ neue Errungenschaften, die aber im gesellschaftlichen status quo fast vollständig als irgendwie „hochwertige“ Kommunikation anerkannt sind. Das war nicht immer so: Noch vor 60 Jahren galt es als problematisch, wenn ein Kind viel las. Heute empfiehlt man im Internet surfenden Kindern: „Lies doch mal ein Buch.“
Die (zugegeben brandneuen und damit manchmal einschüchternden) Kommunikationswege über das Internet sind nicht besser oder schlechter als die alte „Face-to-Face“-Kommunikation, sondern einfach anders. Im Internet lassen sich manche Dinge weniger gut, dafür andere ausschließlich so erreichen. Die Crux ist, jedes Medium mit seinen Stärken und Schwächen zu nutzen – das Evangelium darf sich für keine Kommunikationsform zu fein sein.
Freilich lassen sich die Kommunikationsmedien nicht willkürlich austauschen – jede Form hat ihre „Spezialgebiete.“2 Darüber, welche Spezialgebiete Kirche im Internet ausfüllen könnte, muss weiter nachgedacht werden. Davor müssen sich Kirchenmenschen aber erst mal an das Internet herantrauen und das Medium und seine Umgangsformen erlernen.
Da stehen die Kirchen noch ganz am Anfang.
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Selbst „Face-to-Face“-Kommunikation ist in gewisser Weise nicht unvermittelt, sondern bedient sich dem Medium Sprache. ↩
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Auch die „Face-to-Face“-Kommunikation hat ihre Schwächen, wie Ilona Nord in ihrem Impulsreferat auf der Synode zeigte. ↩