Die frustrierende Registrierungsschranke von Christ & Welt

Seit etwa einem halben Jahr hat die Webseite des großartigen Wochenmagazins Christ & Welt eine „Registrierungsschranke“. Das bedeutet: Auf christundwelt.de Artikel lesen ist nach wie vor kostenlos. Allerdings öffnet sich nach einem kurzem Aufenthalt auf einer Artikelseite folgendes Pop-up:

Man tauscht also die eigene Email-Adresse gegen kostenlosen Zugriff auf alle Artikel auf christundwelt.de. Das scheint mir ein sehr guter Deal zu sein. Sehr viele Texte aus der gedruckten Christ & Welt (die immerhin als ZEIT-Beilage 4,70 € kosten würde) erscheinen kurze Zeit später online. Und der Email-Newsletter lässt sich völlig unproblematisch wieder abbestellen. An diesem Angebot ist eigentlich nichts auszusetzen.

„Interaktive Kommunikation“

Das Pop-up selbst ist bis auf ein wenig Marketing-Speak (was hat man sich unter „interaktiver Kommunikation“ vorzustellen?) klar formuliert. Der Hinweis, das man sich zeitgleich mit der „Registrierung“ für einen Newsletter anmeldet, müsste jedoch deutlich sichtbarer sein.

Wirklich problematisch ist jedoch, was passiert, wenn man sich durchgerungen hat, eine Email-Adresse anzugeben. Folgendes neues Pop-up öffnet sich:

Zunächst einmal sieht es auf den ersten Blick so aus, als ob ein zweiter Schritt notwendig wäre, um endlich den Artikel lesen zu können: Die Angabe einer kompletten Anschrift. Auf den zweiten Blick wird klar, dass es um den Abschluss eines Probeabos geht. Davon war im ersten Pop-up aber noch keine Rede. Erst auf den dritten Blick erkennt man, dass das Probeabo freiwillig ist und die Registrierung schon abgeschlossen ist. Und nur der überaus aufmerksame Leser des Kleingedruckten bemerkt, dass es sich nicht nur um ein Probeabo, sondern um einen sich automatisch verlängernden Vertrag mit Zahlungsverpflichtung handelt. Diese Informationen sind alles andere als offensichtlich.

Noch schlimmer wird es, wenn man versucht, das Pop-up zu schließen, ohne ein Probeabonnement abzuschließen. Das geht nämlich nicht. Es gibt keinen „Schließen“-Button und ein Klick außerhalb des Pop-up bewirkt gar nichts. Das sogenannte „Dankeschön für Ihre Registrierung“ bekommt einen sehr bitteren Beigeschmack, wenn man quasi erpresst wird, entweder ein Abo abzuschließen oder den Browsertab ganz zu schließen.1

Ich bin nicht der einzige, den dieses Pop-up irritiert. Der arme Hannes Leitlein muss unter jedem seiner C&W-Artikel technischen Support leisten für Leute, die an der Registrierungsaufforderung scheitern.

Dabei ist Christ & Welt ein überaus hochwertiges journalistisches Angebot. Derart zwielichtige Methoden hätte man dort eigentlich nicht nötig. Ich habe der Redaktion meine Bedenken schon kurz nach der Einführung der Registrierungsschranke im Sommer 2015 rückgemeldet; seit dem hat sich aber soweit ich erkennen kann nichts geändert.2

Ich habe natürlich nichts dagegen, wenn Verlage versuchen, ihre Internet-Seiten zu monetarisieren. Das sollte jedoch immer mit Respekt vor dem oder der Leserin geschenen. Das bedeutet:

  1. Klar und eindeutig kommunizieren, worum es geht,
  2. jede Manipulation (absichtlich oder unabsichtlich) zu vermeiden und
  3. es dem oder der Leserin so einfach wie möglich zu machen, ihr Ziel zu erreichen.

Dann gewinnen nämlich beide Seiten: Leser fühlen sich wohl und gut behandelt. Im Gegenzug sind sie eher gewillt, den Webseiten-Anbieter zu unterstützen, sei es finanziell oder ideell.

  1. Technische Gründe würde ich hier nicht als Ausrede gelten lassen. Es ist kein Problem, serverseitig zu prüfen, ob die angegebene Adresse halbwegs echt ist. Und wer aus Argwohn eine falsche Email-Adresse angibt, gehört wohl sowieso kaum zu der Zielgruppe, die sich zu Probeabos überreden lässt. Es spricht also nichts dagegen, den Leser nach Eingabe einer Email-Adresse einfach den Text lesen zu lassen – ohne irgendwelche Bestätigungsmails. 

  2. Ich vermute, dass diese Pop-up-Hölle sowieso keine Idee der Redaktion, sondern der Marketingabteilung des Verlages war.