Der Gender-Weltkrieg des Franziskus

Papst Franziskus hat vor einigen Tagen wieder mal eine von diesen Pressekonferenzen gegeben. Es gebe einen „Weltkrieg, um die Ehe zu zerstören“, behauptete er. Schuld an diesem Krieg sei die „ideologische Kolonisierung“ durch den „großen Feind“, die „Gendertheorie“.

Übermäßig bestürzend finde ich diese Meldung nicht. Sie zeigt, dass Franziskus wie viele andere nicht wirklich verstanden hat, was Sinn und Anliegen des Forschungsfelds der Genderwissenschaften ist.

Erstaunlich finde ich jedoch, wie wenig Resonanz dieser neue Vorstoß von Franziskus im protestantischen Lager erfahren hat. Es erschien ein kritischer Artikel in „Christ & Welt“ und das wars auch schon.

Dabei hatte die EKD erst vor ein paar Jahren ein großes „Studienzentrum für Genderfragen in Kirche und Theologie“ ins Leben gerufen – trotz heftiger Kritik durch die üblichen Verdächtigen. Doch nun hüllt man sich in Hannover in Schweigen angesichts der heftigen Anfeindungen gegen die Geschlechterforscher.

Es ist gut, dass die protestantische Kirche in Deutschland das in meinen Augen offensichtliche diakonische Potential der Genderwissenschaften erkannt hat und dieses Forschungsgebiet unterstützt. Nur wäre es gerade jetzt wichtig, auch dazu zu stehen. In vielerlei Hinsicht ist die Genderforschung ein zartes Pflänzchen im derzeit rauen gesellschaftlichen Klima, das sich gegen immer neue Angriffe von rechts behaupten muss.

Es gibt nicht wenige Christen, die wie Franziskus skeptisch auf die Gender-Wissenschaften blicken. Das liegt jedoch vor allem an fehlenden oder bewusst verzerrenden Informationen über die Disziplin. Da hülfe nur Aufklärung. Gender-Wissenschaftler müssten Diffamierungen von rechts konsequent widersprechen und das eigentliche Anliegen ihrer Wissenschaft erklären.1 Das gleiche gilt für die EKD, will sie nicht in Sachen Gender in den Ruf geraten, stark angefangen und stark nachgelassen zu haben.

Denn es stimmt, dass in Sachen Gender in Deutschland Krieg geführt wird. Aggressoren sind dabei jedoch nicht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern Demagogen von Rechtsaußen und ihre schlecht informierten Anhänger, die sich vor deren Kriegskarren spannen lassen.

  1. Das gelingt freilich nicht immer. Wenn man sich etwa auf der Internetseite des oben genannten Studienzentrums über den Begriff „Gender“ informieren will, trifft man auf den wenig hilfreichen Hinweis: „Hier finden Sie künftig Begriffserklärungen rund um das Thema ‘Gender’.“